rundherum

Das Dorf

Der Hof liegt im Ortsteil Cacherien in Langendorf. Was ich schon gelernt habe: Ein Cacheriener ist zwar ein Langendorfer, aber längst nicht jeder Langendorfer ist ein Cacheriener…

In Cacherien leben derzeit 135 Seelen – davon sind einige meine netten Nachbarn. Langendorf hat ca. 500 Einwohner. Ich bin hier sehr herzlich aufgenommen und eingebunden worden und habe mich noch keinen Tag verloren gefühlt. Danke, Ihr lieben Cacheriener und Langendorfer!

Es gibt im Dorf viele Schafe, Hühner, Pferde, Ponys, Kühe, Enten, Gänse, Puten, Ziegen, Katzen, Hunde – das traditionelle Bauernhofpersonal eben. 

Außerdem:

1 Kneipe

1 Feuerwehr

1 Gemeindehaus

1 Kirche

1 Sportplatz

1 Antiquitätenhändler*

1 Biogasanlage

1 Friseur

1 Kiosk

1 Wüste Gobi

1 Kanu- und Kajakverleih

1 Kindergarten 

1 Camargue-Pferde Züchterin

….

 

Zwei mal die Woche kommt das Bäckerauto.

Hier leben, soweit ich das bisher einschätzen kann, sowohl alteingesessene Dorfbewohner als auch zugezogene sowie einige, die hier oft schon seit Jahrzehnten Ferien- und Wochenendimmobilein besitzen. Sie kommen meist aus Hamburg oder Berlin.

Bemerkenswert ist, dass sich die verschiedenen Fraktionen sehr gut mit einander verstehen. Dieses Phänomen ist im ganzen Wendland zu beobachten. Es könnte eine Wirkung der Kooperation unterschiedlichster Menschen im jahrelangen Widerstand gegen das Zwischenlager Gorleben sein.

Die Umgebung

Das gesamte Gebiet gehört zum Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalauen, teilweise auch zum Grünen Band, dem größten Biotopverbund Deutschlands und dem Naturpark Elbufer-Drawehn.  

Der Elberadweg wie auch die Deutsche Storchenstraße führen durch das Dorf – und wirklich sind hier Störchenflashmobs zu beobachten – wenn die Elbwiesen frisch gemäht sind und damit das Mäuseragout lecker angerichtet ist…

An der Deutschen Fachwerkstraße liegen die wenige Kilometer entfernten Städte Dannenberg und Hitzacker. 

In knapp zwei Kilometern Entfernung ragt das Kulturdenkmal Dömitzer Eisenbahnbrücke ins Leere. Sie verband ursprünglich das westliche Elbufer mit dem östlichen und der Stadt Dömitz. Im zweiten Weltkrieg wurde sie gesprengt, ein Rudiment blieb auf der Westseite erhalten. Mit ihrer massiven und gleichzeitig virtuosen Eisenkonstruktion ist sie eine beeindruckende Landmarke und spiegelt in allen Jahreszeiten die besondere Stimmung der Elbauelandschaft. 

Eine ganze Palette von Wildtieren kann man in der Umgebung beobachten: Füchse, Rehe, Hasen, Biber, auch Wildschweine, Reiher, Kraniche, Gänse und auffallend viele Vögel, besonders Greife. Sogar einen Seeadler habe ich schon eigenäugig gesehen!

 

Auf der anderen Seite des Dorfes kann man durch einen duftenden Kiefernwald stromern. Moose und Flechten, die den gesamten Boden bedecken, changieren in den unterschiedlichsten Grüntönen. Die einfallende Sonne kann sehr poetische Lichteffekte erzeugen.

Letzten Herbst wuchsen hier so viele Pilze, dass von „Suchen“ keine Rede sein konnte – es handelte sich nur noch um E i n s a m m e l n ! 

Der sandige Waldboden ist hügelig, eine vom Urstromtal der Elbe geprägte Dünenlandschaft. Hier findet man auch die Wüste Gobi, eine Sandgrube mit steilen Abhängen, aus der noch Sand entnommen wird.

 

Das Wendland

Das Wendland ist in vieler Hinsicht geprägt von seiner geografischen Lage. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ragte es wie ein großes Dreieck in die DDR und damit aus westlicher Sicht recht weit ins Abseits.

Von Berlin aus war es der nächstgelegene westliche Boden nach der Grenze. So haben viele Berliner sich zu erschwinglichen Preisen hier alte Häuser und Höfe als Wochenendrefugien gekauft und saniert, unter ihnen viele Künstler, Musiker und Schriftsteller.

1977 wurde Gorleben als Zwischenlager für Atommüll bestimmt. Der Protest gegen die Castor-Transporte war massiv und wurde sowohl von den Einheimischen als auch von meist jungen Leuten, die aus ganz Deutschland anreisten, kreativ und ausdauernd über viele Jahre aufrechterhalten. Es hat sich gelohnt:  Gorleben ist auf Grund der geologischen Gegebenheiten seit 2020 runter von der Liste der möglichen Zwischenlagerstätten!

 

Viele WiderständlerInnen sind geblieben, weil sie hier die Möglichkeit sahen, alternative Lebensformen zu verwirklichen. So existieren unterschiedliche Lebensentwürfe recht friedlich nebeneinander: Alternative und  Bürgerliche, Einheimische und  Zugezogen, Durchreisende und WochenendhausbesitzerInnen, KünstlerInnen und Sonstige.

Die lange Strecke der Solidarität  hat die Menschen hier miteinander verbunden und die legendäre Offenheit und Toleranz der Wendländer ist sicher auch in dieser gemeinsamen Geschichte begründet. Heute ist das Wendland in vielen Bereichen der nachhaltigen Zukunftsgestaltung Pioniergebiet.

Mit 40 % liegt der Anteil an ökologischer Landwirtschaft deutlich höher als im Rest der Republik. Viele Dörfer haben ihre eigene Biogasanlage, unterschiedliche Lebens- und Solidargemeinschaften probieren sich aus und es gibt zahlreiche innovative Projekte in den unterschiedlichsten Bereichen.  

Eher im südlichen Landkreis hat sich eine Siedlungsform erhalten, deren Ursprung nicht zweifelsfrei geklärt ist: der Rundling. Er versammelt mehrere Hofstellen um einen Dorfplatz. Im Wendland gibt es über 100 Rundlingsdörfer, genaueres ist im Rundlingsmuseum Lübeln zu erfahren. In Augenschein nimmt man die Dörfer am besten per Fahrradtour!
 

Die Kulturelle Landpartie wurde 1989 auch aus dem Widerstand gegen das Zwischenlager gegründet, um die ansässigen Kulturschaffenden zu unterstützen und einen sanften Tourismus zu fördern. Inzwischen ist die KLP Kult und tausende Besucher finden sich zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten hier ein, um an den zahlreichen Wunderpunkten Kunst und Kunsthandwerk, Musik, Performance und Kulinarisches zu  genießen, nette Menschen zu treffen, zu radeln und den inspirierenden Hauch des Wendlands zu inhalieren. Für dieses Jahr ist coronabedingt ein Ausweichtermin von 28.7. bis 8.8. angesetzt.